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Stuttgarter Zeitung (12.04.2005): Der Dote ihr Aquarium hat die Forscherkarriere bestimmt Der Biologe und Autor Axel Kwet kennt die Lurche des Esslinger Hegensbergs - aber auch die des brasilianischen Regenwalds
ESSLINGEN - Es gibt Froschmänner und es gibt einen Froschmann. Der heißt Axel Kwet, stammt aus Esslingen, steht in den Diensten des Stuttgarter Naturkundemuseums und ist vor kurzem 40 Jahre alt geworden - 36 Jahre davon stehen ganz im Zeichen der Froschlurchfaszination. Von Gunther Nething
Froschlaich oder Kaulquappen hat jeder Steppke schon mal heimgetragen und gewartet, was in Mutters Einmachglas draus wird. Und so war es auch beim kleinen Axel droben auf dem Hegensberg. Die Dote schenkte ihm ein Aquarium, das den Grundstock für zwei Dutzend weitere Glasbehälter bildete, und als es in der Schule um erste Berufswünsche ging, da ließ der Bub die Lokomotiven Lokomotiven sein und gab an, Forscher werden zu wollen und seine Neugier unter Dampf zu setzen. Inzwischen ist Kwet promovierter Biologe mit weltweitem Forschungsfeld, Buchautor, wissenschaftliche Autorität für Planfeststellungsbehörden ebenso wie für TV-Sendungen und zweiter Vorsitzender der 8000 Mitglieder zählenden Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde. Mit Schreibtischnachbar Andreas Schlüter hat er das überaus spannende Büchle "Frösche und Co." verfasst.
Der Forscherfaden des Esslingers lässt sich von Hegensberger Tümpeln über den Federsee bis zum südbrasilianischen Araukarienwald verfolgen, benannt nach der dort früher häufigen Brasilkiefer. Weil das Holz für den Möbelbau gefragt ist, war derWald zu 95 Prozent vernichtet, als anfangs der 1990er Jahre der Tübinger Professor Wolf Engels die Hilfsorganisation Pró-Mata ins Leben rief und Axel Kwet schon gut 15-mal eine dortige Station zu Forschungszwecken besuchte. So hat er auf einer Fläche von 5000 Hektar 35 Froscharten entdeckt, mehr als doppelt so viele, wie in Deutschland überhaupt bekannt sind. Die Entdeckung von Froschlurchen ist im Übrigen ein boomender Wissenszweig, zählte man vor drei Jahren rund 4800, so dürften es nach Kwets Schätzung jetzt schon tausend mehr sein.
Es ist die "extreme Vielgestaltigkeit" der Hüpfer, die den Biologen nicht mehr loslässt. Und die Spannbreite ist wirklich beträchtlich, reicht von der 0,9 Zentimeter und 0,2 Gramm schweren Goldenen Sattelkröte aus dem Südosten Brasiliens bis zum afrikanischen Goliathfrosch, der mit ausgestreckten Hinterbeinen 60 Zentimeter misst und beinahe vier Kilogramm Gewicht auf die Waage bringt. Erstaunlich ist weiter das Vorkommen der Lurche, Frösche finden sich bis hinauf zum nördlichen Polarkreis, selbst in Wüstengebieten schlagen sich die Anpassungskünstler durch. Und nur als frappierend lässt sich bezeichnen, wie je nach Art mitunter der Nachwuchs seine Metamorphose durchmacht: Bei Muttern offen auf dem Rücken, in einem Rückensack oder gar im Magen, beim Vater beispielsweise in einem Kehlsack. Solche physiologischen Verrenkungen machen Frösche für Pharmakologen interessant, manchmal freilich kommen sie zu spät, weil die Art - wie der australische Maulbrüter - ausgestorben ist. Froschlurcharten sind gegen dieses Los zwar nicht gefeit, aber via Patenschaften bei Neuentdeckungen können sich Namensgeber für Beträge zwischen 1000 und 3500 Euro etwa bei der Organisation Bio-Pat ein Stück Unsterblichkeit, zumindest in der Lurchbezeichnung, kaufen.
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